Inhaltsverzeichnis 

  1. Terminsache: Freistellungsaufträge ohne Steueridentifikationsnummer verlieren ihre Gültigkeit 
  2. Verteilung der Kosten für „außergewöhnliche Belastung“ auf mehrere Jahre
  3. Kosten für eine Abschiedsfeier/Dienstjubiläum steuerlich abzugsfähig? 
  4. Kosten für eine Abschiedsfeier/Dienstjubiläum steuerlich abzugsfähig?
  5. Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen – Änderung der Rechtsprechung
  6. Kundenzahlungen auf das private Bankkonto des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers
  7. Schlechtere ertragsteuerliche Einstufung von Blockheizkraftwerken
  8. Umlagesätze für Minijobber geändert
  9. Flugverspätung aufgrund außergewöhnlichen Umstandes 
  10. Widerrufsrecht bei Heizölbestellung
  11. Mithaftung des Ehegatten für Zins- und Tilgungszahlungen des anderen Ehepartners
  12. Umkleide- und Waschzeiten als Arbeitszeit
  13. „Spätehenklausel“ – Diskriminierung wegen des Alters 
  14. Schmerzensgeld für ausrutschenden Mieter 
  15. Schäden durch Mäharbeiten können unabwendbar sein 
  16. Fehlender Kinderbetreuungsplatz – kein Schadensersatz für Verdienstausfall 

 

  • Fälligkeitstermine
  • Basiszinssatz / Verzugszinssatz
  • Verbraucherpreisindizes

 

 

1.    Terminsache: Freistellungsaufträge ohne Steueridentifikationsnummer verlieren ihre Gültigkeit

Seit dem 1.1.2011 können Freistellungsaufträge nur unter Angabe der Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID-Nr.) des Auftraggebers und ggf. seines Ehepartners geändert bzw. neu erteilt werden. Dies gilt für die Meldezeiträume bis 2015 nur soweit diese vorliegt.

 

Ab 1.1.2016 verlieren alle Freistellungsaufträge ohne Steuer-ID-Nr. ihre Gültigkeit. Bei der Übermittlung ist ab dann im Datensatz jeweils die im wirksamen Freistellungsauftrag vermerkte Steuer-ID-Nr. des Kunden anzugeben.

 

Freistellungsaufträge, die vor dem 1.1.2011 gestellt worden sind und ab dem 1.1.2016 wegen fehlender Steuer-ID-Nr. ihre Gültigkeit verlieren, brauchen nicht mit dem nunmehr amtlichen Vordruck neu beantragt werden. Für die Freistellungsaufträge ist vielmehr die Nummer in einer geeigneten Form dem Institut mitzuteilen.

 

Anmerkung: Wenn Sie bei mehreren Kreditinstituten Konten und Depots führen, können Sie den Sparerpauschbetrag (801 € Alleinstehende bzw. 1.602 € Verheiratete) aufteilen und die Teilbeträge auf die Freistellungsaufträge den einzelnen Banken zuweisen. In diesem Zusammenhang sollten alle Freistellungsaufträge überprüft und ergänzt werden.

 

2.    Verteilung der Kosten für „außergewöhnliche Belastung“ auf mehrere Jahre

 

Die Einkommensteuer wird auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (sog. außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Aufwendungen geleistet worden sind.

 

Das Finanzgerichts Saarland (FG) entschied mit Urteil vom 6.8.2013 aber, dass solche Aufwendungen auf mehrere Jahre verteilt und damit auch steuerlich wirkungsvoller angesetzt werden können. Hohe außergewöhnliche Belastungen würden vielfach steuerlich wirkungslos bleiben, wenn ihnen keine entsprechenden Einkünfte gegenüberstehen.

 

In dem vom FG entschiedenen Fall baute ein schwerbehinderter Steuerpflichtiger sein Haus behindertengerecht um. Die Umbaukosten betrugen rund 135.000 €. Das FG ließ im entschiedenen Fall eine Verteilung auf 5 Jahre zu. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen, von diesem jedoch wegen Verschuldens des Finanzamtes verworfen, da sie nicht innerhalb der Revisionsfrist eingelegt wurde.

 

Nunmehr hat das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 23.4.2015 in einem ähnlich gelagerten Fall eine Verteilung der aufgewandten außergewöhnlichen Belastung aus Billigkeitsgründen auf mehrere Veranlagungszeiträume verneint.

 

Anmerkung: Die Revision zum BFH (Az. VI R 36/15) wurde auch hier zugelassen. Es empfiehlt sich in ähnlich gelagerten Fällen beim Finanzamt eine entsprechende Billigkeitsmaßnahme zu beantragen, gegen die zu erwartende Ablehnung Einspruch einzulegen und in Hinblick auf die anhängige Revision Ruhen des Verfahrens zu beantragen.

 

3.    Kosten für eine Abschiedsfeier/Dienstjubiläum steuerlich abzugsfähig?

 

In seinem Urteil vom 29.5.2015 hat das Finanzgericht Münster (FG) entschieden, dass Aufwendungen für eine Abschiedsfeier, die ein Arbeitnehmer anlässlich eines Arbeitgeberwechsels veranstaltet, als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sein können, wenn bestimmte Parameter eingehalten werden.

 

Im entschiedenen Fall ließ das FG den Werbungskostenabzug in vollem Umfang zu, weil die Aufwendungen für die Abschiedsfeier durch die berufliche Tätigkeit veranlasst waren. Der Anlass der Feier, der Arbeitgeberwechsel, sei rein beruflicher Natur gewesen. Sämtliche Gäste stammten aus dem beruflichen Umfeld. Die ganz überwiegende Zahl der Gäste wurde auch ohne Ehe- bzw. Lebenspartner eingeladen. Außerdem wurde der bisherige Arbeitgeber in die Organisation der Feier eingebunden, indem er die Gästeliste mit diesem abstimmte und sein bisheriges Sekretariat ihn bei der Organisation der Anmeldungen unterstützte. Auch die Höhe der Kosten der Feier von ca. 50 € pro Person befand das FG als angemessen.

 

Anders sah das das FG Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 3.12.2014. Danach sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Ausrichtung einer – ausschließlich von ihm selbst veranlassten und organisierten – Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums entstanden sind, nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit abziehbar. Ein Dienstjubiläum stellt i. d. R. ein persönliches Ereignis dar.

 

Im entschiedenen Fall hatte ein Steuerpflichtiger anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums eingeladen. Er ist als Gastgeber aufgetreten und hat die Gästeliste bestimmt. Bei den Gästen handelte es sich ausschließlich um Kollegen. Die Feierlichkeit fand im Sozialraum statt.

 

Anmerkung: Ein starkes Indiz für die berufliche Veranlassung der Feier – und damit die Anerkennung der Bewirtungskosten als Werbungskosten – kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Veranstaltung ohne Mitspracherecht des betroffenen Beschäftigten organisiert und ausrichtet; wenn er also die Gästeliste bestimmt und sich an den Kosten der Jubiläumsfeier beteiligt. Um jedoch steuerliche Nachteile zu vermeiden, sollten Sie sich von uns vor solchen Veranstaltungen steuerlichen Rat einholen!

 

4.    Aufzeichnungen eines Diktiergeräts als Fahrtenbuch

 

Wieder einmal musste sich ein Finanzgericht (FG) – hier das FG Köln – mit der Frage befassen, wann ein „ordnungsgemäßes Fahrtenbuch“ steuerlich anzuerkennen ist. Im entschiedenen Fall ging es um die mündliche Aufnahme auf ein Diktiergerät und anschließende Aufzeichnung in eine Excel-Tabelle.

 

Dazu äußerte sich das FG wie folgt: Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung im Einkommensteuergesetz folgt, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen.

 

Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist. Die vom Steuerpflichtigen besprochenen Kassetten stellen aus nachfolgenden Gründen kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar:

  • Sie sind, wenn auch unter Umständen mit Schwierigkeiten verbunden, jederzeit änderbar. Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben es, Bänder zu verändern, ohne dass ein Bruch erkennbar ist.

  • Außerdem kann jedes einzelne Band komplett neu besprochen werden.

  • Die Bänder sind nicht gegen Verlust gesichert.

  • Hat der Steuerpflichtige versehentlich während der Fahrt ein Band gelöscht und es neu besprochen, ist dies nicht feststellbar.

  • Es ist nicht mit vertretbarem Aufwand überprüfbar, ob die Bänder „eins zu eins“ in die Excel-Tabellen übertragen wurden.

  • Anmerkung: Das FG ließ die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zu, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung in den letzten Jahren zu stellen sind.

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5.    Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen – Änderung der Rechtsprechung

 

Nach den Regelungen durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) seit 2013 vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

 

In seiner Entscheidung vom 12.5.2011 nahm der Bundesfinanzhof (BFH) die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint und qualifizierte diese als außergewöhnliche Belastung. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind. Damit entstünden Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig.

 

Mit seiner Entscheidung vom 18.6.2015 ändert der BFH seine Rechtsprechung. Kosten eines Zivilprozesses stellen demnach im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.

 

Anmerkung: Damit entspricht der BFH dem ab 2013 geltenden gesetzlichen Abzugsverbot. Zu einer Definition des Begriffs der Existenzgefährdung konnte sich der BFH nicht durchringen. Damit bleibt die gesetzliche Regelung unpräzisiert.

 

6.    Kundenzahlungen auf das private Bankkonto des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers

 

Kundenzahlungen auf ein privates Bankkonto des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH sind als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu erfassen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21.10.2014 entschieden.

 

Eine vGA liegt immer dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil im Sinne einer bei ihr eintretenden Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.

 

Mit dem Eingang der Zahlungen auf dem Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers hat dieser die Verfügungsgewalt über die Beträge und damit einen Vermögensvorteil zulasten der GmbH erlangt.

 

Allein aus dem Umstand, dass der Steuerpflichtige als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH mit den eingegangenen Beträgen auch Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Dritten getilgt hat, kann nicht auf eine entsprechende klar und eindeutig im Voraus getroffene Vereinbarung geschlossen werden.

 

7.    Schlechtere ertragsteuerliche Einstufung von Blockheizkraftwerken

 

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder teilen mit Schreiben vom 17.7.2015 mit, dass sie nunmehr Blockheizkraftwerke (BHKW) entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung wie ein wesentliches Bestandteil des Gebäudes statt wie zuvor als selbstständiges bewegliches Wirtschaftsgut behandeln werden. Dies hat zur Folge, dass sie zwar weiterhin der linearen Abschreibung unterliegen, allerdings gilt die für Gebäude betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 50 Jahren.

Die durchschnittliche Lebensdauer eines BHKWs ist i. d. R. jedoch deutlich niedriger. Muss das BHKW ausgetauscht werden, ist der anfallende Erhaltungsaufwand sofort in voller Höhe steuerlich absetzbar.

 

Die alte Verwaltungsauffassung stufte die BHKW als selbstständige, vom Gebäude losgelöste bewegliche Wirtschaftsgüter ein und erlaubte für Abschreibungszwecke eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 10 Jahren zugrunde zu legen.

 

Diese Einstufung hat auch Auswirkungen auf die die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags und der Investitionszulage. Mangels Klassifizierung als abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens sind diese nicht mehr möglich.

 

Anmerkung: Für alle vor dem 31.12.2015 angeschafften, hergestellten oder verbindlich bestellten BHKW wird Vertrauensschutz gewährt. Für solche Anlagen besteht ein Wahlrecht zwischen neuer und alter Verwaltungsauffassung. Das Wahlrecht ist spätestens für den Veranlagungszeitraum 2015 auszuüben.

 

8.    Umlagesätze für Minijobber geändert

 

Minijobber haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie auf finanzielle Absicherung bei Mutterschaft. Diese finanzielle Belastung der Arbeitgeber wird durch ein Ausgleichsverfahren (teilweise) ausgeglichen. Zur Finanzierung zahlen Arbeitgeber auch für Minijobber die U1 für Aufwendungen bei Krankheit und die U2 für Aufwendungen bei Mutterschaft.

 

Die Umlagesätze für Minijobber haben sich zum 1.9.2015 geändert; die neuen Werte gelten ab diesem Tag. So beträgt die U1 1,00 % (bis 31.8.2015: 0,70 %) und die U2 0,30 % (bis 31.8.2015: 0,24 %).

 

9.    Flugverspätung aufgrund außergewöhnlichen Umstandes

 

Nach der Fluggastrechteverordnung (FluggastrechteVO) haben Reisende unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Ausgleichszahlung gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, wenn sich der Flug verspätet oder annulliert wird.

  • 250 € bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

  • 400 € bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,

  • 600 € bei allen nicht unter die o. g. Punkte fallenden Flügen.

  • Das Luftfahrtunternehmen ist jedoch nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leis-ten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

     

    Eine große Verspätung geht auf außergewöhnliche Umstände zurück und befreit damit von der Verpflichtung zu einer Ausgleichsleistung, wenn sie durch dem Luftverkehrsunternehmen in der gegebenen Situation (hier: nach Startabbruch infolge Vogelschlags) mögliche und zumutbare Maßnahmen nicht vermieden werden konnte.

  • Das Luftverkehrsunternehmen muss Art, Umfang und zeitlichen Ablauf der konkreten Maßnahmen darlegen, die es nach dem Eintritt des Ereignisses getroffen hat, um den Flug so bald wie möglich durchzuführen.

  • Die FluggastrechteVO begründet jedoch keine Verpflichtung der Luftverkehrsunternehmen, ohne konkreten Anlass Vorkehrungen wie etwa das Vorhalten von Ersatzflugzeugen zu treffen, um den Folgen außergewöhnlicher Umstände begegnen zu können.

10.   Widerrufsrecht bei Heizölbestellung

 

Ein Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, u. a. nicht bei Fernabsatzverträgen, die die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Dies betrifft insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien und Anteilsscheinen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden.

 

Der Bundesgerichtshof hatte zu entscheiden, ob dies auch für Heizölbestellungen zutrifft. Er kam in seinem Urteil vom 17.6.2015 zu dem Entschluss, dass bei den o. g. Verträgen der spekulative Charakter den Kern des Geschäfts ausmacht. Einen solchen spekulativen Kern weist der Ankauf von Heizöl durch den Verbraucher jedoch nicht auf. Das Geschäft dient dem Verbraucher nicht dazu, durch Weiterveräußerung einen finanziellen Gewinn zu erzielen, sondern richtet sich typischerweise auf Eigenversorgung durch Endverbrauch der Ware.

 

Anmerkung: Wichtig ist, dass das Heizöl sich noch nicht im Tank des Bestellers befindet und die Bestellung über Fernkommunikationsmittel (Telefon, Fax, E-Mail) erfolgt ist.

 

11.   Mithaftung des Ehegatten für Zins- und Tilgungszahlungen des anderen Ehepartners

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Ausgleichsanspruch des Darlehensnehmers gegen den anderen Ehegatten auch dann bestehen, wenn die Ehegatten nicht Gesamtschuldner eines Darlehens sind, sondern ein Ehegatte im Interesse auch des anderen ein Darlehen aufgenommen hat.

 

Die Ausgleichsverpflichtung ergibt sich dann aus einer entsprechenden konkludenten Vereinbarung der Ehegatten über die Gestaltung des Innenausgleichs. Wenn ein Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft Aufwendungen zur Finanzierung des gemeinschaftlichen Gegenstandes gemacht hat, entspricht es im Zweifel dem Willen der Beteiligten, dass der Vorleistende einen anteiligen Erstattungsanspruch gegen die übrigen Teilhaber hat.

 

So haften die Ehegatten auch in diesem Fall im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Anteilen, wenn sich nicht aus Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens etwas anderes ergibt.

 

Anmerkung: Während intakter Ehe kann die grundsätzlich hälftige Beteiligung der Miteigentümer an den Belastungen von der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise überlagert werden, dass sich im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten eine andere Aufteilung ergibt. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt in der Regel der Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel abweichende Gestaltung. Denn nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht für einen Ehegatten im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen.

 

Das bedeutet indessen noch nicht, dass damit ohne Weiteres wieder eine hälftige Ausgleichsregelung zum Tragen kommt. Es ist vielmehr danach zu fragen, ob an die Stelle derjenigen Rechtsbeziehungen, die durch die Besonderheiten der ehelichen Lebensgemeinschaft geprägt waren, eine andere rechtliche oder tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse tritt, die in ähnlicher Weise wie zuvor Einfluss auf das Ausgleichsverhältnis nehmen kann. Denkbar sind nämlich auch andere Umstände, die als anderweitige Bestimmung einem hälftigen Ausgleichsanspruch eines Ehegatten nach einem Scheitern der Ehe entgegenstehen können.

 

12.   Umkleide- und Waschzeiten als Arbeitszeit?

In einem Fall aus der Praxis stritten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verpflichtung zur Vergütung von Umkleide- und Waschzeiten. Der für das Arbeitsverhältnis gültige Tarifvertrag schreibt vor, dass die Dienstkleidung nur im Dienst getragen werden darf. Daneben besteht bei dem Unternehmen eine Betriebsvereinbarung, die vorschreibt, dass die zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung während der Arbeitszeit zu tragen und die private Nutzung zu unterlassen ist. Die mit dem Firmenlogo versehene Arbeitskleidung wird vom Unternehmen im Betrieb zur Verfügung gestellt und dort auch gewaschen.

 

Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, das An- und Ablegen der Dienstkleidung gehört zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Nach seinen Angaben beträgt die Umkleidezeit vor und nach der Arbeit jeweils fünf Minuten. Bei Arbeitsende wird der Umkleidevorgang durch das Duschen unterbrochen, weshalb am Arbeitsende insgesamt 15 Minuten anzusetzen sind.

Die Richter des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf haben darauf hingewiesen, dass zwischen den Umkleidezeiten und den Zeiten zum Duschen zu differenzieren ist. Zu den Umkleidezeiten liegt gesicherte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor. Diese sind zu vergüten, wenn das Umziehen fremdnützig im Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Dies setzt voraus, dass die Dienstkleidung während der Arbeitszeit aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers zu tragen und die private Nutzung ausgeschlossen ist. Zur Frage von Waschzeiten liegt keine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Maßgeblich kann sein, ob das Duschen fremdnützig ist. Möglicherweise zu vergüten sind Waschzeiten, die hygienisch zwingend notwendig sind.

Vor diesem Hintergrund haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer verständigt, die Umkleidezeiten (je 5 Minuten zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende) zu vergüten, nicht hingegen die Zeit für das Duschen (10 Minuten am Arbeitsende). Dieser Vergleich wurde von beiden Seiten nicht widerrufen und hat somit Bestand.

 

13.   „Spätehenklausel“ – Diskriminierung wegen des Alters

 

Das Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob eine verwendete sog. „Spätehenklausel“ eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt. In dem Fall aus der Praxis verlangte die Witwe eines im April 1947 geborenen und im Dezember 2010 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters eines Unternehmens Witwenrente. Ihrem verstorbenen Mann waren Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einschließlich einer Witwenversorgung zugesagt worden.

 

Die maßgebliche Pensionsregelung enthält eine „Spätehenklausel“, nach der zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente ist, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Diese Voraussetzung erfüllte der verstorbene Ehemann nicht. Die Ehe war erst am 8.8.2008 geschlossen worden. Das Unternehmen weigerte sich aus diesem Grund, an die Witwe eine Rente zu zahlen.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist die „Spätehenklausel“ gemäß des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) unwirksam. Der verstorbene Ehemann wurde durch die „Spätehenklausel“ unmittelbar wegen des Alters benachteiligt. Das AGG lässt jedoch bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unterscheidungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zu.

 

Sie erfasst, soweit es um Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geht, nur die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwen-/Witwerversorgung. Die „Spätehenklausel“ führt zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer.

 

14.   Schmerzensgeld für ausrutschenden Mieter

In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 7.11.2014 entschiedenen Fall wurde in einem Mietshaus der Keller und das Treppenhaus feucht gewischt. Ein Mieter ging in den Keller und rutschte dort auf dem feuchten Fußboden aus. Er sah darin eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und forderte vom Vermieter Schadensersatz und Schmerzensgeld.

 

Die Richter verneinten diesen Anspruch, da ein Mieter immer mit einer Befeuchtung des Bodens rechnen muss. Sowohl mit einer planmäßigen Befeuchtung des Bodens durch Reinigungsmaßnahmen als mit einer unplanmäßigen durch andere Nutzer (z. B. nasse Schuhe, abtropfende Regenschirme) hat ein Mieter zu rechnen. Darauf muss er sich einstellen und auf etwaige Gefahrenquellen achten. Er kann nicht darauf vertrauen, dass der Boden nach jedem Wischvorgang sofort getrocknet oder eine nasse Fläche mit einem Warnschild versehen wird.

 

15.   Schäden durch Mäharbeiten können unabwendbar sein

 

Schleudert das Mähwerk eines Traktors bei Mäharbeiten an einer Bundesstraße ein Holzstück auf die Fahrbahn, durch das ein vorbeifahrendes Fahrzeug beschädigt wird, kann dies ein unabwendbares Ereignis sein, für das dem Fahrzeugeigentümer kein Schadensersatzanspruch zusteht. Das hat das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil am 3.7.2015 entschieden.

Im entschiedenen Fall befuhr eine Fahrerin mit einem Pkw eine Bundesstraße. An dem Straßenabschnitt führte ein Mitarbeiter des Landesbetriebes Straßenbau Mäharbeiten durch. Zum Einsatz kam ein Traktor mit Mähausleger, Schlegelmähkopf und Kettenschutz. Nach der Darstellung des Fahrzeughalters schleuderte das Mähwerk ein Holzstück auf die Fahrbahn, durch welches sein vorbeifahrendes Fahrzeug an der linken Seite einen für ca. 680 € instand zu setzenden Schaden erlitt und forderte Schadensersatz. Diesen hat das Oberlandesgericht Hamm abgelehnt, weil das infrage stehende Unfallgeschehen – wenn es sich so ereignet hat, wie vorgetragen – ein unabwendbares Ereignis ist, für welches das Land nicht haftet.

Bei Mäharbeiten an einer Straße hat der zuständige Baulastträger zum Schutz der Verkehrsteilnehmer diejenigen Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, die mit vertretbarem Aufwand zu einem verbesserten Schutz führen. Beim Einsatz von Mähgeräten, die selbst über Sicherheitseinrichtungen verfügten, nach denen ein Schadenseintritt unwahrscheinlich ist, fordert die Rechtsprechung grundsätzlich keine weitergehenden Sicherungsmaßnahmen, wenn umfangreiche Mäharbeiten auszuführen sind.

 

16.   Fehlender Kinderbetreuungsplatz – kein Schadensersatz für Verdienstausfall

 

Nach dem Gesetz hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in einer Kindertagespflege.

 

In einem vom Oberlandesgericht Dresden (OLG) am 26.8.2015 entschiedenen Fall verlangte eine Mutter Schadensersatz, da sie ihre Berufstätigkeit nicht wie geplant wieder aufnehmen konnte, da ihrem 2013 geborenen Sohn kein Platz in einer Kindertageseinrichtung zur Verfügung stand.

 

Die Richter des OLG sprachen der Mutter keinen Anspruch auf Schadensersatz zu. Zwar hat die Stadtverwaltung die ihr obliegende Amtspflicht, dem Kind einen Platz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen, verletzt. Die Mutter ist jedoch nicht geschützte Dritte dieser Amtspflicht und ihr steht kein eigener Anspruch auf Verschaffung eines Kindertagesstättenplatzes für ihr Kind zu. Der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ist eindeutig. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Vorschrift wird ausdrücklich und allein das Kind als Berechtigter genannt.

 

 

 

 

 

 

Fälligkeitstermine

Fällig am

 

Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer,

Soli-Zuschlag (mtl.)

12.10.2015

 

Sozialversicherungsbeiträge

 

28.10.2015

 

 

 

 

 

 

  Basiszinssatz

  nach § 247 Abs. 1 BGB maßgeblich
für die Berechnung von Verzugszinsen

                                              seit 1.1.2015 = – 0,83 %

                                        1.7. – 31.12.2014 = – 0,73 %

                                         1.1. – 30.6.2014 = – 0,63 %

 

Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter: http://www.bundesbank.de/Basiszinssatz

 

 

 

 

 

 

 

  Verzugszinssatz ab 1.1.2002:

  (§ 288 BGB)

Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:

Basiszinssatz + 5 Prozentpunkte

Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern

(abgeschlossen bis 28.7.2014): Basiszinssatz + 8 Prozentpunkte

(abgeschlossen ab 29.7.2014): Basiszinssatz + 9 Prozentpunkte

 

 

 

 

 

  Verbraucherpreisindex
(2010 = 100)

2015: August = 107,2; Juli = 107,2; Juni = 107,0; Mai = 107,1;
April = 107,0; März =107,0; Februar = 106,5; Januar = 105,5

2014: Dezember = 106,7; November = 106,7; Oktober 106,7

 

Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de – Konjunkturindikatoren – Verbraucherpreisindex

 

 

 

 

           

 

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