Inhaltsverzeichnis

    1.          Keine rückwirkende Verzinsung bei Wegfall eines Investitionsabzugsbetrags

    2.          Investitionsabzugsbetrag trotz Überschreitens der Gewinn­grenze?

    3.          Umbau eines Flachdachs zu einem Satteldach – Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen

    4.          Erneut Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

    5.          Bundessozialgericht ändert die Rechtsprechung zur Statusbeurteilung der Selbstständigkeit in Familienbetrieben

    6.          Minijob: Sechs-Wochen-Frist bei der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beachten

    7.          TERMINSACHE: Arbeitgeber müssen noch in diesem Jahr das elektronische Lohn­steuer-Abzugsverfahren verwenden

    8.          TERMINSACHE: Altverlust aus privaten Wertpapiergeschäften

    9.          Erweiterung der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Inlandslieferungen von Gas und Elektrizität

10.     Entschädigung für verpassten Flug aufgrund von Sicherheitskontrollen

11.     Nachträgliche Korrektur einer Betriebskostenabrechnung bei Gewerberaummiete

12.     Gleiches Arbeitsentgelt für Leiharbeitnehmer

13.     Kriterium für bußgeldpflichtiges „Drängeln“ im Straßenverkehr

14.     Im Rahmen der U3-Betreuung können Eltern auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter verwiesen werden

15.     Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt

 

Kurz notiert

  • Werbeanzeige darf Mitbewerber nicht gezielt behindern
  • Fälligkeitstermine
  • Basiszinssatz / Verzugszinssatz
  • Verbraucherpreisindizes

1.    Keine rückwirkende Verzinsung bei Wegfall eines Investitionsabzugsbetrags

 

Gibt der Unternehmer die Absicht zu einer Investition auf, für die er einen Investitionsabzugsbetrag erhalten hat, verliert er rückwirkend den Anspruch auf die Steuervergünstigung. Die betreffende Einkommensteuer muss er dann nachzahlen – aber ohne einen Zinszuschlag. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr mit Urteil vom 11.7.2013 entschieden.

 

Der BFH widerspricht damit der gegenteiligen Gesetzesauslegung durch die Finanzverwaltung. Das Gesetz hat die rückwirkende Verzinsung lediglich für die rückwirkende Streichung eines Investitionsabzugsbetrags nach durchgeführter Investition wegen Nichteinhaltung bestimmter Nutzungsvoraussetzungen geregelt. Dem Gesetzgeber sei bewusst gewesen, dass sich bei Ausbleiben der Investition eine vergleichbare Rechtslage ergibt. Gleichwohl ordnet er für diesen Fall die rückwirkende Verzinsung nicht ausdrücklich an. Von einem Versehen des Gesetzgebers ist nicht auszugehen. Deshalb gilt der Grundsatz, dass auf einem rückwirkenden Ereignis beruhende Steuernachzahlungen nicht rückwirkend zu verzinsen sind.

 

Anmerkung: Der BFH hat damit die in zahlreichen Betriebsprüfungen erörterte Frage nach der rückwirkenden Verzinsung der Steuernachforderung zugunsten der Unternehmer entschieden – allerdings nur mit Wirkung für die Vergangenheit. Denn für ab 2013 beanspruchte Investitionsabzugsbeträge ist die rückwirkende Verzinsung bei rückwirkendem Wegfall des Anspruchs durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ausdrücklich gesetzlich geregelt worden.

 

Eine Reaktion der Finanzverwaltung zu dieser weitreichenden Entscheidung steht noch aus. Inwieweit hier vom Fiskus ein sog. „Nichtanwendungserlass“ ergeht, kann somit noch nicht gesagt werden. Wir halten Sie hierzu auf dem Laufenden.

 

 

2.    Investitionsabzugsbetrag trotz Überschreitens der Gewinn­grenze?

 

Die Auflösung einer Ansparabschreibung ist im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht zu berücksichtigen, soweit es darum geht, ob die für einen Investitionsabzugsbetrag maßgebliche Gewinngrenze eingehalten wird. Dies hat das Finanzgericht Köln (FG) am 10.4.2013 entschieden.

 

Ein Arzt erklärte für das Streitjahr 2008 einen Gewinn in Höhe von 64.000 €. Bei der Gewinnermittlung erfasste er „Einnahmen“ in Höhe von 100.000 € aus der Auflösung einer Ansparabschreibung nebst Gewinnzuschlag und nahm eine Gewinnminderung durch einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 120.000 € in Anspruch. Das Finanzamt berücksichtigte den Investitionsabzugsbetrag nicht. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass die maßgebliche Gewinngrenze von 100.000 € überschritten sei. Bei der Ermittlung des insoweit maßgebenden Gewinns sei zwar auf den „Gewinn ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags” abzustellen. Eine aufzulösende Ansparabschreibung und der darauf entfallende Gewinnzuschlag seien allerdings als Betriebseinnahme anzusetzen. Der Steuerpflichtige habe daher einen Gewinn in Höhe von 184.000 € erzielt.

 

Das FG kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Auflösung der Ansparrücklage aus systematischen Erwägungen und nach Sinn und Zweck der Norm bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns unberücksichtigt bleiben müsse. Alle auf der steuerlichen Investitionsförderung beruhenden Gewinnkorrekturen seien insoweit zu neutralisieren.

 

Anmerkung: Gegen die Entscheidung wurde Revision beim Bundesfinanzhof in München (Aktenzeichen: VIII R 29/13) eingelegt.

 

 

3.    Umbau eines Flachdachs zu einem Satteldach – Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhal­tungsaufwendungen

 

Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind keine sofort abziehbaren Werbungskosten, wenn es sich um Herstellungskosten handelt.

 

Soll ein Gebäude der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können Herstellungskosten demnach – im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen – nur im Wege der Abschreibung über die gesamte Nutzungsdauer eines Gebäudes (angenommen werden hier i. d. R. 50 Jahre) steuerlich geltend gemacht werden.

 

Der Bundesfinanzhof hat nunmehr entschieden, dass unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung (nachträgliche) Herstellungskosten auch dann gegeben sind, wenn nach Fertigstellung des Gebäudes seine nutzbare Fläche – wenn auch nur geringfügig – vergrößert wird (hier: Satteldach statt Flachdach). Auf die tatsächliche Nutzung sowie auf den etwa noch erforderlichen finanziellen Aufwand für eine Fertigstellung zu Wohnzwecken kommt es nicht an.

 

Dabei umfasst die „nutzbare Fläche“ nicht nur die (reine) Wohnfläche einer Wohnung oder eines Gebäudes, sondern auch die zur Wohnung/zum Gebäude gehörenden Grundflächen der Zubehörräume sowie die den Anforderungen des Bauordnungsrechts nicht genügenden Räume.

 

 

4.    Erneut Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

 

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat am 21.8.2013 entschieden, das Klageverfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob Regelungen im Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG) verfassungswidrig sind.

 

Aufgrund der verschiedenen Anrechnungsvorschriften bei der Festsetzung der Einkommensteuer – z. B. bei ausländischen Einkünften bzw. bei der Gewerbesteuer – wird Solidaritätszuschlag in unterschiedlicher Höhe bei gleichgelagerten Sachverhalten festgesetzt. Hierfür liegt nach Auffassung des FG ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht vor. Damit verstößt die Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes.

 

Das Gericht hatte in diesem Verfahren bereits mit Beschluss vom 25.11.2009 dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob das SolZG gegen die Finanzverfassung und gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen verstößt. Das BVerfG hatte diese Vorlage allerdings für unzulässig erklärt und deshalb keine materiell-rechtliche Prüfung vorgenommen. Der neue Vorlagebeschluss stützt sich nunmehr auf die oben dargestellten neuen rechtlichen Erwägungen.

 

 

5.    Bundessozialgericht ändert die Rechtsprechung zur Statusbeurteilung der Selbstständigkeit in Familienbetrieben

 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in 2 Urteilen vom 29.8.2012 ausgeführt, dass ein vertraglich bestehendes Weisungsrecht – auch wenn es tatsächlich nicht ausgeübt wird – bedeutsam für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist. Nach neuer Auffassung des BSG ist dem Sozialversicherungsrecht eine bloße „Schönwetter-Selbstständigkeit” fremd, die nur so lange gilt, wie keine Konflikte auftreten. Im Konfliktfall ist allein entscheidend, was vertraglich vereinbart wurde.

 

Danach gilt für die Praxis: Maßgebend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist die abstrakte Rechtsmacht. Diese wird durch Gebrauch zusätzlich bestätigt, geht aber allein durch fehlenden Gebrauch nicht verloren.

 

Anmerkung: Demnach ist die entgegenstehende frühere BSG-Rechtsprechung überholt, nach der entscheidungserheblich war, ob die zu beurteilende Person „Kopf und Seele” des Betriebes, alleiniger Branchenkenner oder mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist oder in der Gesellschaft faktisch „frei schalten und walten kann”, wie sie will.

 

In einem weiteren Verfahren hat das BSG ausgeführt, dass es auch bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Familienangehörigen in Einzelunternehmen auf die abstrakte Rechtsmacht ankommt. Auch hier reicht eine „faktische Machtposition” für die Annahme einer Selbstständigkeit nicht aus.

 

 

6.    Minijob: Sechs-Wochen-Frist bei der Befreiung von der Rentenver­sicherungspflicht beachten

 

Minijobber haben grundsätzlich die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreien zu lassen. Die Befreiung wirkt ab Beginn des Kalendermonats, in dem der Antrag beim Arbeitgeber eingeht. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber der Minijob-Zentrale die Befreiung bis zur nächsten Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von 6 Wochen nach Eingang des Befreiungsantrags, anzeigt.

 

Übermittelt der Arbeitgeber die Daten zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht also mit der maschinellen Meldung zur Sozialversicherung innerhalb von 6 Wochen nach Eingang des Befreiungsantrags an die Minijob-Zentrale, wirkt die Befreiung rückwirkend zum Ersten des Antragseingangsmonats. Meldet der Arbeitgeber die Daten zur Befreiung jedoch nicht rechtzeitig innerhalb von 6 Wochen nach Eingang des Befreiungsantrags an die Minijob-Zentrale, wirkt die Befreiung nicht rückwirkend. In diesen Fällen endet die Rentenversicherungspflicht erst zum Ende des Kalendermonats, der dem Kalendermonat des Eingangs der Meldung bei der Minijob-Zentrale folgt.

 

Wird die rechtzeitige Übermittlung der Meldung zur Sozialversicherung für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht innerhalb der Sechs-Wochen-Frist angezeigt, sind die Arbeitnehmeranteile bis zur tatsächlichen Wirkung der Befreiung durch den Arbeitgeber an die Minijob-Zentrale zu entrichten.

 

Bitte beachten Sie! Ist der Abzug des Arbeitnehmeranteils also unterblieben, ist es möglich, dass der Arbeitgeber den Eigenanteil des Minijobbers nicht nachträglich vom Arbeitsentgelt einbehalten darf. Einen fehlenden Abzug vom Lohn darf der Arbeitgeber grundsätzlich nur bei den drei nächsten Entgeltabrechnungen nachholen. Liegt der Entgeltabrechnungszeitraum weiter zurück, muss der Arbeitgeber in diesen Fällen den eigentlich vom Arbeitnehmer zu zahlenden Anteil selbst aufbringen und an die Minijob-Zentrale abführen. Zulässig ist eine weiter gehende Rückrechnung nur dann, wenn den Minijobber ein Verschulden trifft.

 

 

7.    TERMINSACHE: Arbeitgeber müssen noch in diesem Jahr das elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren verwenden

 

Mit der Einführung des elektronischen Lohnsteuerabzugsverfahrens können Arbeitgeber seit dem 1.1.2013 die gültigen Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale (ELStAM) abrufen. Die auf der alten Papier-Lohnsteuerkarte aus dem Jahr 2010 enthaltenen Daten verlieren somit zum Ende des Jahres ihre Gültigkeit.

 

Hier sei darauf hingewiesen, dass Arbeitgeber, die noch nicht auf das elektronische Verfahren umgestiegen sind, die Angaben der alten Papier-Lohnsteuerkarte – so z. B. Anzahl der Kinderfreibeträge oder Lohnsteuerklasse – möglicherweise nicht mehr aktuell sind. Als spätester Zeitpunkt für die Einführung des ELStAM-Verfahrens beim Arbeitgeber ist der letzte Lohnzahlungszeitraum 2013 festgelegt worden.

 

 

8.    Terminsache: Altverlust aus privaten Wertpapiergeschäften

 

Mit der Unternehmensteuerreform 2008 wurde die Einführung einer Abgeltungssteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften beschlossen. Der Abzug von Verlusten aus Aktienverkäufen kann seitdem nur mit Gewinnen aus solchen Geschäften verrechnet bzw. in künftige Jahre vorgetragen werden. Ein Verlustrücktrag in das Vorjahr ist nicht möglich. Anleger, die noch steuerlich verrechenbare Verluste aus privaten Wertpapiergeschäften aus der Zeit vor Einführung der Abgeltungsteuer haben (also vor 2009), sollten beachten, dass diese Veräußerungsverluste nur noch mit bis zum 31.12.2013 realisierten Wertpapierveräußerungsgewinnen verrechnet werden können. Danach ist eine Altverlustverrechnung nur noch mit Gewinnen aus Veräußerungen von Edelmetall, Kunstgegenständen oder Devisen innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist möglich (soweit diese jährlich mindestens 600 € betragen) oder mit steuerpflichtigen Gewinnen aus dem Verkauf von Immobilien innerhalb der 10jährigen Spekulationsfrist.

 

Anmerkung: Zur Geltendmachung der „Altverluste“ muss der Anleger diese Verrechnung bei seinem Finanzamt beantragen. Sofern Sie noch nicht verrechnete Altverluste haben, sollten Sie sich umgehend zu den Möglichkeiten einer Verrechnung beraten lassen.

9.    Erweiterung der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Inlandslieferungen von Gas und Elektrizität

 

Durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz ist die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Inlandslieferungen von Gas und Elektrizität erweitert worden. Diese Regelung tritt zu Beginn des zweiten Monats, der dem Tag der Veröffentlichung des Durchführungsbeschlusses des Rates zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland oder der Änderung der MwStSystRL im Amtsblatt EU Reihe L folgt, in Kraft.

 

Die entsprechende EU-Richtlinie ist am 26.7.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und am 20sten Tag – am 15.8.2013 – in Kraft getreten. Die Änderung des Umsatzsteuergesetzes durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz tritt somit am 1.9.2013 in Kraft und gilt vorläufig bis 31.12.2018.

 

 

10.  Entschädigung für verpassten Flug aufgrund von Sicherheitskontrollen

 

Mit Urteil vom 12.8.2013 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) einem Reisenden, der aufgrund einer länger dauernden Sicherheitskontrolle am Flughafen Frankfurt seinen Flug nicht mehr erreichte, eine Entschädigung zugesprochen.

 

Im entschiedenen Fall wollte der Urlauber seinen Flug antreten, der um 4.20 Uhr starten sollte. Im Sicherheitskontrollbereich wurde er aufgehalten, weil der Verdacht entstanden war, in seinem als Handgepäck mitgeführten Rucksack könnten sich gefährliche Gegenstände befinden. Wie für diese – häufig vorkommenden – Fälle vorgesehen, wurde von der Bundespolizei der Entschärfertrupp informiert, der um diese Uhrzeit nur eine Rufbereitschaft unterhält. Es dauerte rund 3 Stunden, bis der Entschärfertrupp die erforderlichen Überprüfungsmaßnahmen vor Ort durchführen konnte. Dabei wurde der Verdacht, dass sich im Rucksack gefährliche Gegenstände befanden, entkräftet. Tatsächlich führte er darin lediglich eine Kamera, zwei Ladegeräte, ein Handy sowie Bekleidung und die später verfallenen Flugtickets mit. In der Zwischenzeit war allerdings das Flugzeug abgeflogen. Der Reisende buchte deshalb für sich und seinen Reisebegleiter Tickets für einen anderen Flug. Die hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von ca. 900 € verlangte er von der Bundesrepublik Deutschland (BRD) als Dienstherrin der Bundespolizei erstattet.

 

Nach Auffassung des OLG kann der Reisende wegen der Kontrollmaßnahmen eine Entschädigung nach aufopferungsrechtlichen Grundsätzen verlangen. Die Annahme, in dem Rucksack befänden sich möglicherweise gefährliche Gegenstände, sei nicht dadurch entstanden, dass der Fluggast gefährlich aussehende Gegenstände mitführte, sondern durch gewisse „Überlagerungen“ auf dem Röntgenbild des Kontrollgeräts. Deshalb habe er die Umstände, die den Verdacht begründeten, nicht selbst zu verantworten. Auch die zeitliche Verzögerung, die dazu führte, dass er und sein Reisebegleiter den gebuchten Flug versäumten, habe der Reisende nicht zu verantworten. Die Verzögerung beruhe vielmehr darauf, dass die BRD aus Haushaltserwägungen nachts ihren Entschärfertrupp nur in Rufbereitschaft vorhalte und die herbeigerufenen Beamten deshalb erst nach längerer Anfahrt am Flughafen eintrafen. Der Fluggast müsse zwar im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit Kontrollmaßnahmen hinnehmen. Es sei ihm aber nicht zuzumuten, den infolge dieser Maßnahmen entstandenen zusätzlichen Nachteil – den Verfall der Flugtickets und den notwendigen Erwerb zweier Ersatztickets – zu tragen. Ein solcher Nachteil entsteht anderen Fluggästen bei Sicherheitskontrollen im regulären Tagesbetrieb i. d. R. nicht und stellt deshalb kein allgemeines Lebensrisiko dar, sondern belastet den Fluggast insoweit mit einem Sonderopfer, für das er Entschädigung verlangen kann.

 

 

11.  Nachträgliche Korrektur einer Betriebskostenabrechnung bei Gewerberaummiete

 

Bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes (19.6.2001) wurde in der Rechtsprechung überwiegend die Auffassung vertreten, dass durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und den vorbehaltlosen Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande kommt, das den errechneten Saldo verbindlich werden lässt und spätere Nachforderungen des Mieters und auch des Vermieters ausschließt. Gleiches sollte gelten, wenn der Vermieter ein sich aus der Abrechnung ergebendes Guthaben vorbehaltlos an den Mieter auszahlte.

 

Im Hinblick auf die durch das Mietrechtsänderungsgesetz eingeführten ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen wurde kein Bedürfnis mehr für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses durch den vorbehaltlosen Ausgleich des Betriebskostensaldos gesehen.

 

Durch das Reformgesetz ist die Betriebskostenabrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Durch diese gesetzlichen Regelungen ist umfassend gewährleistet, dass sich die Mietvertragsparteien zeitnah über ihre Verpflichtungen aus einem abgeschlossenen Abrechnungszeitraum im Klaren sind. Ein Erfordernis für die Annahme eines bereits in einer vorbehaltlosen Zahlung oder einer vorbehaltlosen Gutschrift zu sehenden deklaratorischen Schuldanerkenntnisses besteht deshalb – jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage – nicht mehr.

 

Da die Ausschlussfrist für die Möglichkeit des Mieters, Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung zu erheben, nur für die Wohnraummiete gilt, ist diese auf ein Gewerberaummietverhältnis nicht anwendbar.

 

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kommt aber auch bei der Gewerberaummiete weder durch die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch durch die vorbehaltslose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter für sich genommen ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande, das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht. Die Grenze für die Korrektur einer Betriebskostenabrechnung ergibt sich daher im gewerblichen Mietrecht nur durch den Eintritt der Verjährung oder in Ausnahmefällen aufgrund von Verwirkung.

12.  Gleiches Arbeitsentgelt für Leiharbeitnehmer

 

Leiharbeitnehmer haben Anspruch auf das gleiche Entgelt wie Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs (equal pay). Das gilt auch für Sonderleistungen wie Weihnachtsgeld. Wird das Weihnachtsgeld an eine Stichtagsregelung geknüpft, so ist der Anspruch nur gegeben, wenn der Leiharbeitnehmer am Stichtag in dem betreffenden Unternehmen eingesetzt war. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) entschieden.

 

Folgender Sachverhalt lag dieser Entscheidung zugrunde: Ein Leiharbeitnehmer war von Februar 2008 bis März 2009 als Leiharbeitnehmer in einem Unternehmen beschäftigt. Allerdings im Dezember 2008 nur tageweise und nicht am 1.12.2008. Auf das Arbeitsverhältnis sollten die Tarifverträge mit der Christlichen Gewerkschaft Zeitarbeit und PSA (CGZP) Anwendung finden. Die vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Unternehmens erhielten nach einem dort anwendbaren Haustarifvertrag eine höhere Vergütung als der Leiharbeitnehmer aufgrund des CGZP-Tarifs.

 

Nachdem das Bundesarbeitsgericht festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist und damit die mit dieser Gewerkschaft geschlossenen Tarifverträge nichtig sind, hat der Leiharbeiter Zahlungsklage erhoben und unter dem Gesichtspunkt des Equal Pay für die Zeit seines Einsatzes bei dem betroffenen Unternehmen die Differenz zwischen dem ihm nach dem CGZP-Tarif gezahlten Lohn und demjenigen nach dem Haustarif der Firma sowie das anteilige Weihnachtsgeld nach dem dortigen Haustarifvertrag gefordert.

 

Die LAG-Richter entschieden, dass der Leiharbeiter nach dem Arbeitnehmerüberlassungsanspruch Anspruch auf dieselben Leistungen habe wie Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs, sofern nicht ein anwendbarer Tarifvertrag abweichende Regelungen zulasse. Die CGZP-Tarifverträge seien indessen nichtig. Die Equal-Pay-Ansprüche bezögen sich grundsätzlich auch auf das beim Entleiher gewährte Weihnachtsgeld. In diesem Fall steht dem Leiharbeiter jedoch kein anteiliges Weihnachtsgeld nach dem Haustarifvertrag zu. Der Tarifvertrag des Unternehmens enthalte eine zulässige Stichtagsregelung, sodass der Anspruch nur bestehe, wenn der Arbeitnehmer am 1.12. in einem Arbeitsverhältnis steht. Ein eingesetzter Leiharbeitnehmer könne nach dem Equal-Pay-Grundsatz mithin nur dann Weihnachtsgeld von seinem Vertragsarbeitgeber beanspruchen, wenn er am 1.12. bei der Firma tatsächlich eingesetzt wurde. Gegen dieses Urteil wurde beim BAG Revision unter dem Az. 5 AZR 627/13 eingelegt.

 

 

13.  Kriterium für bußgeldpflichtiges „Drängeln“ im Straßenverkehr

 

Eine Unterschreitung des im Straßenverkehr vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes kann mit einem Bußgeld geahndet werden, wenn die vorwerfbare Dauer der Unterschreitung mindestens 3 Sekunden oder die Strecke der vorwerfbaren Unterschreitung mindestens 140 m beträgt. Das entschieden die Richter des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) mit Beschluss vom 9.7.2013. Im zu beurteilenden Fall hielt der Betroffene mit einer Geschwindigkeit von 131 km/h über eine Strecke von 123 m lediglich einem Abstand von 26 m zum vorausfahrenden Fahrzeug ein.

 

Ein Abstandsverstoß kann nach der Rechtsprechung geahndet werden, wenn die vorwerfbare Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend ist. Situationen, die nur kurzzeitig zu einem zu geringen Abstand führen – wie z. B. das plötzliche Abbremsen oder ein abstandsverkürzender Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs – stellen keine schuldhafte Pflichtverletzung dar.

 

Die Frage, wann eine Abstandsunterschreitung nicht nur vorübergehend ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach Ansicht des OLG ist sie in erster Linie nach ihrer zeitlichen Dauer zu beantworten. Bei einer Abstandsunterschreitung von mehr als 3 Sekunden liegt kein kurzfristiges Versagen des Fahrzeugführers mehr vor, wenn von ihm nicht zu vertretende, abstandsverkürzende Ereignisse ausgeschlossen werden können. Auch unter Berücksichtigung üblicher Reaktionszeiten ist von einem Fahrzeugführer zu verlangen, dass er bei einer Abstandsunterschreitung innerhalb von 3 Sekunden handelt, um den Sicherheitsabstand wieder zu vergrößern.

 

 

14.  Im Rahmen der U3-Betreuung können Eltern auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter verwiesen werden

 

Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat in einem Eilverfahren entschieden, dass Eltern eines unter 3 Jahre alten Kindes auf eine Tagesmutter verwiesen werden können.

 

In dem entschiedenen Fall hatte die Vorinstanz die Stadt Köln verpflichtet, dem unter 3 Jahre alten Antragsteller entsprechend dem Wunsch seiner Eltern vorläufig einen Platz in einer der in der Nähe der elterlichen Wohnung gelegenen Kindertagesstätten zuzuweisen. Der ab dem 1.8.2013 bestehende Rechtsanspruch des Antragstellers auf U3-Betreuung sei weder dadurch erfüllt, dass die Stadt Köln ihm einen Platz in einer 5,8 km von seiner Wohnung entfernt gelegenen Kindertagesstätte zugewiesen habe, noch dadurch, dass ihm ein Platz bei einer wohnortnahen Tagesmutter angeboten worden sei.

 

Das OVG hat die Entscheidung geändert. Zur Begründung führen die Richter aus: Eltern eines unter 3 Jahre alten Kindes könnten zwar grundsätzlich zwischen den gleich geeigneten und gleichwertigen Arten der frühkindlichen Förderung in einer Kindertagesstätte und bei einer Tagesmutter wählen. Dem Wunsch der Eltern müsse allerdings nicht entsprochen werden, wenn in der gewünschten Betreuungsform kein Platz mehr vorhanden sei. Stehe ein freier Platz nur bei einer Tagesmutter und nicht in der von den Eltern gewünschten Kindertagesstätte zur Verfügung, erfülle der Träger der Jugendhilfe den Rechtsanspruch auf U3-Betreuung mit dem Angebot dieses freien Platzes. Ein Anspruch auf Kapazitätserweiterung bestehe nicht.

 

 

15.  Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt

 

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Dem dient auch die eigene Altersvorsorge, die der Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf. Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Eltern­unterhalts unangreifbar.

 

Der BGH hat jetzt entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, kommt eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht.

 

 

Kurz notiert

 

Werbeanzeige darf Mitbewerber nicht gezielt behindern: Im Wettbewerb zwischen Konkurrenzprodukten ist es untersagt, mit einer Werbeanzeige die Mitbewerber gezielt zu behindern. Wer durch Werbung nicht die Chancen des eigenen Produkts verbessern will, sondern nur die Verdrängung der Mitbewerber beabsichtigt, hat die entsprechende Werbung zu unterlassen. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz ist es dem Anbieter eines regionalen Anzeigeblatts verboten, bei Lesern mit einem Aufkleber für den Briefkasten zu werben, der den Einwurf anderer Anzeige-blätter in Briefkästen gezielt verhindern soll.

 

 

Fälligkeitstermine

Fällig am

Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer,

Soli-Zuschlag (mtl.)

10.10.2013

Sozialversicherungsbeiträge

29.10.2013

 

 

 

  Basiszinssatz

  nach § 247 Abs. 1 BGB maßgeblich
für die Berechnung von Verzugszinsen

                                          seit 1.7.2013 = – 0,38 %
1.1.. – 30.6.2013 = – 0,13 %
1.1. – 31.12.2012 = 0,12 %

 

Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter: http://www.bundesbank.de/Basiszinssatz

 

 

 

 

  Verzugszinssatz ab 1.1.2002:

  (§ 288 BGB)

      Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern: Basiszinssatz + 5 Prozentpunkte

      Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern: Basiszinssatz + 8 Prozentpunkte

 

 

 

  Verbraucherpreisindex
(2010 = 100)

2013: August = 106,1; Juli = 106,1; Juni = 105,6; Mai = 105,5;
April = 105,1; März = 105,6; Februar = 105,1; Januar = 104,5

2012: Dezember = 105,0; November = 104,7; Oktober 104,6;
September = 104,6; August = 104,5; Juli = 104,1; Juni = 103,7

Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de – Konjunkturindikatoren – Verbraucherpreisindex

   

 

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